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aus: Rundbrief des Journalistinnenbundes, Nr.22

Peking-Nachlese: Email im Frauenzug

Frauke Langguth (fla@orb.de) hat Sabine Stampfel (sabine@ada.woman.de) zu ihrem "etwas anderen" Workshop auf dem Weg nach Peking befragt - natuerlich lief auch das Interview per email: Auszuege hier!

Du hast im Zug nach Peking einen Workshop zum Thema e-mail organisiert.
Wie kann ich mir das vorstellen?

Die Idee entstand bei der gemeinsamen Projektplanung von WOMAN - Women
Only Mail And News, einem deutschen Frauen-Mailbox-Netzwerk und ELECTRONIC
WITCHES, die Frauen und Frauenprojekte in den Republiken des ehemaligen
Jugoslawien vernetzen. Als wir hoerten, dass das internationale Netz APC
(Association for Progressive Communications) allen TeilnehmerInnen der
Konferenz in Peking kostenfrei email-anschluesse fuer die Dauer der
Konferenz zur Verfuegung stellen wird, dachten wir es sei eine gute Idee,
den Frauen auf dem Weg dorthin Training anzubieten und ihnen einen
Ueberblick zu geben, wie sie die elektronische Kommunikation fuer ihre
Arbeit nutzen koennen. Was viele in Huairou auch taten.

Die Arbeitssituation in einem fahrenden Zug war schon sehr ungewoehnlich,
gleichzeitig taten sich neue Welten auf, sowohl auf dem Computermonitor,
wie auch bei jedem Blick aus dem Fenster. Draussen die unendliche Weite
der Wuestenlandschaft von Gobi und auf dem Bildschirm die Homepage
(Infoseite) des slovenischen Frauenbueros, die den Anschluss an ein
weltumspannendes Computernetz vermittelte. Dieser scheinbare Kontrast hat
mich sehr fasziniert.

Wer hat an Deinem Workshop teilgenommen?

Es waren einige Journalistinnen darunter, aber ueberwiegend kamen die
Frauen aus Projekten, die kuenftig Informationen ueber ihre Arbeit auch
elektronisch verfuegbar machen wollen und sich von der neuen Technik vor
allem auch eine Erleichterung im Austausch mit Projekten aehnlicher
Zielsetzung aus anderen Laendern erhoffen.

Wie waren die Reaktionen auf die neue Technik?

Durchweg positiv, was die Moeglichkeiten des schnellen und
kostenguenstigen Austauschs mit anderen ueber email betrifft. Kritik gab
es eher an den Inhalten und vor allem dem Uebermass der verfuegbaren
Informationen. In einem Kurs entstand die Idee einer weltweiten Datenbank
fuer Frauenprojekte, in der Arbeitschwerpunkte und Probleme in der
Umsetzung erfasst werden. Ich halte das fuer ein gute Idee, denn wir
koennen ja nur von dem Wissen der anderen profitieren, wenn es fuer uns
auch verfuegbar ist. Und das elektronische Netz bietet da ungeahnte
Moeglichkeiten.

Wie koennen Frauen aus sogenannten Entwicklungslaendern die neue
Technik nutzen? Gibt es schon Erfahrungen?

Dort ist der Bedarf nach einem kostenguenstigen Kommunikationsmittel viel
groesser als in den Industrielaendern. Eine Frau aus Suedafrika erzaehlte
in einem Workshop in Huairou, dass es in ihrem Dorf keine
Telefonverbindungen gebe und sie deshalb ein ham-radio ( Amateurfunksender
bzw. Empfaenger) so umgebaut haben, dass sie damit ihre email verschicken
und Nachrichten bekommen koennen.
Wo es nur wenige und/oder von den Regierungen gesteuerte Medien gibt, ist
das Verlangen nach ungefilterten Informationen viel groesser. Und in den
Laendern des ehemaligen Jugoslawiens war email die einzige Moeglichkeit
ueberhaupt in Verbindung zu bleiben, nachdem die Regierungen die
Telefonverbindungen zwischen den einzelnen Republiken gekappt hatten.

Ist in Peking ein Frauen-Netz entstanden, wie geht es jetzt weiter?

Es gibt bereits einige "Frauen-Netze" sogenannte Mailinglisten zu
bestimmten Themen, zum Beispiel die Women's Studies Liste mit mehr als
3000 Teilnehmerinnen weltweit oder die Beijing-Liste in der die Frauen in
Vorbereitung auf die Weltfrauenkonferenz ihre Aktivitaeten koordiniert
haben. Fuer uns war es wichtig, mit den Frauen mit denen wir auch vorher
schon per email Ideen und Gedanken ausgetauscht haben, nun einmal IRL (in
real life) diskutieren zu koennen. Wie WOMAN e.V. versuchen auch Virtual
Sisterhood, WomensNet, Spiderwoman und viele andere bessere
Zugangsmoeglichkeiten fuer Frauen zu den neuen Kommunikations-Technologien
zu schaffen.

WOMAN e.V. versucht das konkret, indem wir sogenannte oeffentliche
Terminals fuer Frauen zur Verfuegung stellen. Die ersten stehen in einem
Frauen- und einem Maedchenprojekt in Duesseldorf.

Zum Schluss fuer alle, die sich fuer die elektronischen Netzwerke im allgemeinen interessieren noch ein Lesetip: "at ease with email",
ein Handbuch herausgegeben von den
Vereinten Nationen und der Friedrich-Ebert-Stiftung,
New York 1995, ISBN 0-9645188-1-3

 


 
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